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             Verschlag                                       
                                                                
                                                                


Verschlag (Muskelstoffwechselerkrankung)

 

Verschlag, Kreuzverschlag, Feiertagskrankheit, Tying up, Rhabdomyolyse oder Lumbago sind die traditionellen Bezeichnungen für Muskelerkrankungen der Pferde. Wie man inzwischen weiß, gibt es verschiedene Muskelerkrankungen, die diese Bezeichnungen aber nicht widerspiegeln. Die Symptome gleichen sich, die Ursachen unterscheiden sich. Das Ausmaß eines Verschlages kann sehr unterschiedlich sein. Das Spektrum reicht von für den Reiter praktisch nicht wahrnehmbar bis hin zu lebensbedrohlichen Situationen.

 

<h2>Symptome</h2>

Im günstigsten Fall merkt der Reiter gar nichts, nur Laborwerte würden etwas anzeigen. Bei zunehmender Schwere der Störung bemerkt man vor allem in der Hinterhand eine Steifheit, dann Bewegungsunwilligkeit bis hin zur absoluten Unfähigkeit sich zu bewegen. Im Extremfall kann das Pferd keinen Schritt mehr laufen, knickt in der Hinterhand ein und kommt zum Festliegen. In diesen Fällen ist es oft schwierig, einen Verschlag von einer Kolik zu unterscheiden, da sich die Symptome für einen Laien gleichen. In solch einem Stadium wird das Pferd von extremen Schmerzen geplagt, während es im günstigsten Fall nur leichte Muskelschmerzen verspürt, wie wir es von einem geringen Muskelkater bei uns selbst kennen. Im Gegensatz zur Kolik wird sich das Pferd aber nur relativ still hinlegen. Es versucht sich nicht zu wälzen, weil dies mit Schmerzen verbunden ist. Die betroffenen Pferde schauen sich aber häufig wie bei einer Kolik nach hinten zum Ort des Schmerzgeschehens um oder flehmen als Ausdruck des Schmerzes. Ein sehr starker Kreuzverschlag kann aber auch mit anderen Krankheiten verwechselt werden, die mit hochgradigen Schmerzen einhergehen. Zu den Differenzialdiagnosen gehören Beckenbrüche, Thrombosen der Hinterhandarterien, Harnröhrensteine und eine Tetanusinfektion.

 

Als Reiter erwartet man, dass bei einem Verschlag die Muskulatur fühlbar hart und schmerzhaft wird. Dies ist aber je nach Verlauf und Schweregrad der Erkrankung nicht immer der Fall und somit kein sicheres Anzeichen. Bei den schweren Verläufen wird die Muskulatur bretthart, sie schwillt an und wird auf Druck extrem empfindlich. Die Pferde schwitzen besonders in den betroffenen Gebieten und die Körpertemperatur steigt auf fieberhafte Werte an. Wegen der Schmerzen erscheint die Atemtätigkeit gepresst, Atemfrequenz und Puls steigen, das Pferd zeigt einen angstvollen Gesichtsausdruck. In solch´ schlimmen Fällen färbt sich der Harn zu einer Cola ähnlichen Farbe, was als Katastrophensignal gewertet werden muss. Denn nun drohen über den Muskelschaden hinaus auch dramatische lebensgefährdende Schäden an der Niere.

 

Bei den milderen Verlaufsformen fehlen alle diese klassischen, gravierenden Symptome, weshalb auch für Tierärzte die exakte Diagnose eines solchen Stadiums schwierig ist. Das weitaus sicherste und zuverlässigste Indiz für eine Muskelstoffwechselstörung ist der Anstieg der Muskelenzyme. Da beim Verschlag Muskelzellen zerfallen, werden Enzyme aus den Zellen freigesetzt, wobei die Höhe der gemessenen Muskelenzyme sehr genau mit dem Grad der Erkrankung übereinstimmt. Der Tierarzt wird also immer bei dem Verdacht auf eine Muskelstoffwechselstörung bzw. einen Verschlag eine Blutprobe nehmen und die Höhe der Muskelwerte bestimmen. Aber Vorsicht! Nicht jede kleine Erhöhung über dem vom Labor angegebenen Normalwert ist gleich ein Verschlag oder Muskelproblem. Erst wenn die Laborwerte ein Mehrfaches der Normalwerte übersteigen, kann man wirklich von einem Verschlag sprechen. Werte darunter sind in der Regel Stress- oder Trainingsbedingt und dann nicht als krankhaft anzusehen.

 

<h2>Ursachen</h2>

Das Problem beim Verschlag ist, dass bei dieser Erkrankung je nach Schweregrad gewaltige Mengen Muskelzellen zerfallen. Die Ursachen hierfür sind sehr mannigfaltig und komplex. Die alte, ursprünglich aus Schweden stammende Theorie der Übersäuerung der Muskulatur als Ursache des Verschlages ist inzwischen gründlich widerlegt. Sie geistert aber immer noch hartnäckig durch die Pferdeszene. Übrigens auch die auf dieser Theorie beruhende Behandlung mittels Infusion von Bicarbonatlösung ist, wie inzwischen eindeutig bewiesen, völliger Unfug.



Als Ursache für Verschlag werden nach neuen Forschungserkenntnissen mehrere verschiedene Muskelstoffwechselerkrankungen angesehen.

Die wichtigsten derzeit bekannten sind:
  • SER Sporadischer akuter Kreuzverschlag (Überlastung)
  • RER Wiederkehrender belastungsbedingter Verschlag (Muskelstoffwechselproblem)
  • PSSM Kohlenhydratspeicherkrankheit
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