Lexikon K bis O


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Kohlenhydrate              Metabolisches Syndrom                          
                                                                
                                                                


Kohlenhydrate

 

Pflanzen bleiben durch Fotosynthese Energieträger, die in Form von Kohlenhydraten (Zucker oder Ketten aus Zuckermolekülen) abgespeichert oder zwischengespeichert werden. In Samen bzw. Getreidekörnern liegen diese Kohlenhydrate in Form von Stärke vor, im Gras wird diese Energie häufig in Form von Fructan abgelegt. Stärke und Fructan bestehen aus einer Kette von Zuckermolekülen.

 

Einfache Zuckermolekühle sind relativ klein und dienen daher vor allem als bewegliche Energieträger. Die wesentlich größeren und komplizierteren Polysaccharide dienen abhängig von ihrer Größe als Speicher oder Zwischenspeicher von Energie.

 


  Energieträger   Vorkommen Moleküle
Glucose Früchte, Honig Einfache oder kurzkettige Saccharide (Zucker)
Fructose Früchte, grüne Blätter, Honig
Saccharose Am stärksten vertretener Zucker in Pflanzen Disaccharid (zwei Zuckermoleküle)
Lactose Milchzucker in der Milch
Stärke Samen, Früchte, Wurzeln der Langzeitenergiespeicher Polysaccharide (Ketten aus vielen Zuckermolekülen)
Fructane Wurzeln, Äste, Grashalme, Blätter der Energiezwischenspeicher
Cellulose Das am weit verbreitete Polysaccharid der Pflanzen-Strukturelement
Glucogen Tierstärke, vor allem in der Leber und Muskelgewebe
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Metabolisches Syndrom

 

Herzlichen Dank für die Erlaubnis an die Öffnet externen Link in neuem FensterPferdeklinik-Grossostheim!

 

Das metabolische Syndrom ist eine Erkrankung die ursprünglich in der Humanmedizin beschrieben wurde. Dort betrachtet man sie inzwischen als Pandemie - also als eine Krankheit, die in der Bevölkerung sehr weit verbreitet ist. Das metabolische Syndrom ist die Erkrankung des Menschen, die für einen Großteil der Herzinfarkte mitverantwortlich ist.

 

Beim Pferd hat sich in den letzen Jahren herausgestellt, dass es eine sehr ähnliche Krankheit gibt. Das metabolische Syndrom des Pferdes führt jedoch nicht zum Herzinfarkt, sondern zur Hufrehe oder zumindest zur Anfälligkeit für Hufrehe.

 

In beiden Fällen handelt es sich um eine Erkrankung des Energie-bzw. Zuckerstoffwechsels. Das dabei im Zentrum stehende "Organ" ist spezielles Fettgewebe. Dieses Fettgewebe ist wieder landläufiger Vorstellung kein passives Speichergewebe sondern eine sehr aktive Hormondrüse. Die vom Fettgewebe produzierten Hormone sind verantwortlich für die jeweiligen Erkrankungen Herzinfarkt bzw. Hufrehe.

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Gegenüberstellung Metabolisches Syndrom des Menschen und des Pferdes

Syndrome    Mensch       Pferd   
Übergewicht  X   X 
Abnorme Fettspeicherung  X   X 
Blutfette erhöht  X 
HDL erniedrigt  X 
Insulinresistenz  X   X 
Blutzucker erhöht  X   X 
Bluthochdruck  X 
Gefäßerkrankung  X   X ??

Wie man sieht ist ein Kernmerkmal das Übergewicht, das mit einer abnormen Fettspeicherung einhergeht. Beim Menschen sind dies die z.T. gewaltige Fettablagerung im Bauchraum ("Bierbauch"), beim Pferd sind es spezielle Depots am Nacken, an der Schulter und in der Kruppengegend sowie am Präputium.

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Pferd mit den klassischen Fettdepots bei Metabolischem Syndrom.

Das hintertückische beim Metabolischen Syndrom kann der zu Beginn nicht merkliche Kranheitsprozess sein. Die hormonelle Fehlsteuerung kann schon eine ganze Weile bestehen, bevor es zur sichtbaren Verfettung kommt. Bei der entsprechenden Veranlagung ist zu Beginn noch keine Verfettung sichtbar!

 

Umgekehrt kann aber eine dauerhafte Überernährung/Überfütterung die Entgleisung des Stoffwechsels begünstigen oder provozieren. Das metabolische Syndrom ist somit als Wohlstandserkrankung anzusehen.

 

Die Ursache der Verfettung liegt in der Krankheit selbst begründet oder ist Folge der unkontrollierten übermäßigen Nahrungsaufnahme. Dabei spielt der "unstillbare" Hunger beim Metabolischen Syndrom eine zentrale Rolle. Grund für den unstillbaren Hunger ist ein Defekt im Gehirn. Dabei versagt die Steuerung des Appetits, wodurch die "Fressbremse" ausgeschaltet wird. Dieser Mechanismus ist für Mensch und Pferd nachgewiesen.

 

Der zweite mindestens genauso wichtige Grund ist die mangelnde Bewegung bei Mensch und Pferd. Die allermeisten Pferde werden viel zu wenig bewegt. Eine Stunde Bewegung ist in der Regel viel zu wenig, besonders bei dem Nahrungsangebot, das zur Verfügung steht. Beim Büromenschen und Stubenhocker sieht es nicht anders aus. Nur durch ausreichenden Bewegungsreiz wird der Körper veranlasst Energie zu verbrennen und nicht in Depots einzulagern.

 

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Mangelnde Bewegung und Überernährung sind die Hauptgründe für die Entstehung des Metabolischen Syndroms.
Weitere Kennzeichen des Metabolischen Syndroms bei Mensch und Pferd sind:
  • Überfütterung in der Aufzucht bzw. Kindheit erhöht die Wahrscheinlichkeit einer späteren Erkrankung.
  • Es trifft vor allem "leichtfüttrige" Pferde / Menschen.
  • Genügsame Pferderassen bzw. Völker trifft es stärker als Verwöhnte.

  • Spezifisch für das Pferd sind folgende Punkte:
  • Die Erkrankung wird im Alter zwischen 8 Jahren bis 18 Jahren sichtbar.
  • Betroffene Pferde zeigen eine mangelnde Leistungsfähigkeit.
  • Trotz gutem Ernährungszustand ist die Bemuskelung unbefriedigend.
  • Betroffen Pferde haben eine erhöhte Infektionsneigung.
  • Bei Stuten treten Fruchtbarkeitsprobleme auf und sie neigen zur Geburtsrehe.
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    <h2>Der Krankheitsmechanismus</h2>

    Im Folgenden wir erklärt, was beim Metabolischen Syndrom passiert und was es mit der Insulinresistenz auf sich hat.

    Dazu müssen wir uns betrachten, was im Körper geschieht, wenn energiereiche Nahrung aufgenommen wird. Unser Augenmerk richtet sich dabei auf den Blutzuckerspiegel und die Reaktion des Insulins.




    Nach der Nahrungsaufnahme steigt der Blutzuckerspiegel an. Darauf reagiert die Bauchspeicheldrüse mit der Ausschüttung von Insulin. Das Insulin bewirkt, dass die Zellen der Organe, die Energie benötigen, wie z.B. Muskulatur und Leber aber auch Speichergewebe wie das Fettgewebe, Zucker aus dem Blut aufnehmen. Dadurch sinkt der Blutzuckerspiegel und das System ist in Balance.

    Bei Überernährung/Bewegungsmangel und nachfolgender Verfettung kommt es zur Insulinresistenz.




    Hormone aus den überladenen Fettdepots bewirken, dass Zellen der Organe die Zucker verbrauchen, auf Insulin nicht mehr so gut ansprechen. Dies führt einerseits dazu, dass Gewebe, wie Muskulatur und Leber, die Zucker verbrennen würden, weniger Energie bekommen. Dadurch sinkt der Verbrauch. Gleichzeitig bekommt das Fettgewebe quasi exklusiv jede Menge Zucker (nach Umwandlung zu Fett) zum Abspeichern. Andererseits bleibt der Blutzuckerspiegel dauerhaft erhöht, da wegen der mangelnden Wirkung des Insulins auf die Verbraucherorgane nicht genug Zucker aus dem Blut genommen werden kann. Wegen des erhöhten Blutzuckerspiegels bleibt auch Insulin erhöht, weil das Insulin ja eigentlich dafür sorgen soll, dass der Blutzuckerspiegel sinkt.

    Somit ist der Zustand der Insulinresistenz erreicht. Es beginnt ein Teufelskreislauf, da durch die Insulinresistenz die Verfettung (die Ursache der Insulinresistenz), weiter gefördert wird.

    Noch schlimmer aber ist die Tatsache, dass ein zu hoher Zuckerspiegel von vielen Geweben nicht gut vertragen wird. Die erhöhte Zuckerkonzentration im Blut wird für die Zellen regelrecht toxisch und es kommt zu Schäden.




    In diesem Zusammenhang spricht man von Glukotoxizität. Es kommt zu Schäden an diversen Organen besonders aber an den Blutgefäßen. Beim Menschen steigt daher das Herzinfarkt Risiko. Der genaue Mechanismus, der beim Pferd zur Reheanfälligkeit führt, ist noch nicht eindeutig geklärt. Die Tatsache, dass das Metabolische Syndrom des Pferdes mit Insulinresistenz und Hufreheanfälligkeit einhergeht, ist unstrittig. Ob der Schaden nun an den Gefäßen oder direkt an der Huflederhaut entsteht ist letztlich unwichtig, solange keine gezielten Therapien möglich sind. Eine gezielte Therapie wird es bis auf weiteres nicht geben, da die entsprechenden Medikamente noch nicht entwickelt sind.

    Das folgende Schema verdeutlicht die Zusammenhänge zwischen Verfettung, Metabolischem Syndrom und Hufrehe.




    Überernährung und Bewegungsmangel führen zur Bildung von krankhaften Fettdepots. Das Fettgewebe bewirkt über spezielle Hormone eine Insulinresistenz. Die Insulinresistenz fördert nun im Teufelskreis die weitere Verfettung. Im Gegensatz zum Menschen neigen Pferde mit Insulinresistenz zum Glück nicht dazu Diabetes (Erschöpfung des Insulinsystems) zu bekommen.

    Wegen der Insulinresistenz bleibt der Blutzucker dauerhaft im toxischen Bereich erhöht (Glukotoxizität. Die schädlichen Einflüsse des erhöhten Blutzuckers verursachen eine schleichende Hufrehe. Aus der schleichenden Rehe kann sich im Lauf der Zeit eine klinisch sichtbare Rehe entwickeln.

     

    Durch die Vorschädigung und Sensibilisierung können jetzt aber auch Auslösefaktoren, die bei einem gesunden Pferd keine Rehe verursachen würden (Futterumstellung, geringe Mengen Fruktan, Kolik,..), einen akuten Reheschub auslösen.

    Ab diesem Punkt entsteht ein neuer Teufelskreis. Der Schmerz des Reheschubes verursacht Stress. In Folge des Stresses wird vermehrt das Stresshormon Kortisol (körpereigenes Kortison) freigesetzt. Eine Nebenwirkung des Kortisols ist es die Insulinresistenz zu fördern, womit der Problemkreis weiter angeheizt wird.




    Dieses Schema zeigt vereinfacht den Teufelskreis bei einer Hufrehe, bei der der Schmerz nicht unter Kontrolle gebracht werden kann. Hier existiert ein erhebliches therapeutisches Dilemma. Denn wenn der Versuch unternommen wird, die Schmerzen nur durch Schmerzmittel zu beseitigen, belastet das Pferd seinen defekten Hufbeinträger so stark, dass dessen Zerstörung voranschreitet. Wenn es nicht gelingt durch geeignete Stützmaßnahmen (orthopädische Polsterungen, Spezialbeschläge,...) das Absinken und Rotieren aufzufangen, nimmt der Reheschub trotz aller medikamenteller Anstrengungen einen katastrophalen Verlauf.

     

    Die eingesetzten Schmerzmittel (Nicht steroidale Antiphlogistika wie Equipalazone, NSAID) sind auch unverzichtbar notwendig, um die biochemischen Prozesse in der Huflederhaut zu stoppen, die den Hufbeinträger weiter aufweichen.

    Aus dem Schema wird auch deutlich, warum Kortison bei einer Hufrehe nicht eingesetzt werden darf. Außerdem erklärt sich weshalb manche Pferde bei Kortisongabe Hufrehe entwickeln. Bei gesunden Pferden ist es bei vernünftigem Kortisoneinsatz auch mit sehr hohen Dosen fast unmöglich eine Hufrehe auszulösen. Pferde mit sichtbarem oder eben auch noch nicht äußerlich sichtbarerer Neigung zum Metabolischen Syndrom sind gefährdet.

     

    Nicht ganz unbedeutend ist, dass das Phänomen Insulinresistenz ein Stoffwechselzustand ist, der auch ganz "normal" auftreten kann. Der Körper setzt Insulinresistenz in besonderen Ausnahmesituationen ganz gezielt aber vorübergehend ein. Solche Situationen treten z. B. während der Trächtigkeit und bei Infektionen auf. Es ist daher nicht verwunderlich, dass Stuten zum Ende der Trächtigkeit bzw. nachgeburtlich wesentlich rehegefährdeter sind.

     

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    <h2>Diagnose</h2>

    Die einmalige ungezielte Bestimmung von Glukose oder Insulinspiegeln im Blut ist beim Pferd weitgehend wertlos, da die Werte zu stark schwanken. Am sichersten ist der Glukose Toleranz Test. Bei diesem Test muss das Pferd eine bestimmte Anzahl von Stunden gehungert haben, dann wird ein Ausgangswert bestimmt und eine Kraftfutterration verabreicht. In den folgenden Stunden werden dann Glukose und Insulinwerte bestimmt und die Reaktion des Organismus auf den Blutzuckeranstieg verfolgt. Die Insulinbestimmung ist nicht so einfach wie beim Menschen, da die indirekten Tests aus der Humanmedizin beim Pferd nicht funktionieren. Die Blutprobe muss sofort zentrifugiert und eingefroren ins Labor versandt werden, was einiges an Aufwand bedeutet, wenn der Test im Stall durchgeführt werden soll.

     

    Bei einem Pferd, das äußerliche Anzeichen eines metabolischen Syndroms zeigt, ist es aus praktischer Sicht nicht so wichtig wie der Labortest ausfällt. Das Pferd ist ja auffällig, weil es zu fett ist, damit die Rehegefahr zunimmt und als Therapie nur Abnehmen und Arbeiten in Frage kommt. Wie im folgenden erläutert gibt es derzeit keine anerkannte medikamentelle Therapie gegen das Metabolische Syndrom des Pferdes.

     

    Von Bedeutung kann aber die Unterscheidung von Metabolischem Syndrom und Cushing sein. Cushing kann man behandeln, weshalb beim Verdacht auf Cushing die entsprechende Diagnostik durchgeführt werden sollte.

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    <h2>Therapie</h2>

    Die Therapie der Insulinresistenz als solcher ist beim Pferd äußerst problematisch. Beim Menschen versucht man durch verschiedene Medikamente in das Krankheitsgeschehen einzugreifen. Für das Pferd stehen diese Medikamente nicht zur Verfügung und sind auch nicht erprobt. Diese medikamentellen Ansätze ändern aber auch nichts an den Grundlagen der Erkrankung: Überernährung und Bewegungsmangel.

     

    Sowohl bei Mensch wie bei Pferd gilt: Will man die Ursache für das Metabolische Syndrom bekämpfen, muss die Nährstoffzufuhr dem Bedarf angepasst und die körperliche Bewegung intensiviert werden. Ohne diese beiden Management Maßnahmen ist keine Besserung zu erreichen. Die schädliche Fettdepots müssen abgebaut werden, um deren Hormonausschüttung zu beenden. Auf der anderen Seite muss die Insulinresistenz umgekehrt werden. Dies ist nur durch aktiven Energieverbrauch der Muskulatur möglich. Solange die Muskulatur nicht tätig ist und Energie verbrennt, kann es keine Umkehr der Insulinunempfindlichkeit geben.

     

    Ohne Gewichtsabnahme und gesteigerte körperliche Aktivität kann das metabolische Syndrom nicht bekämpft und eine Insulinresistenz nicht umgekehrt werden!

     

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